Ich bin heute bei Computerbase.de auf einen Artikel gestoßen, der mehr Lehrstellen für IT-Azubis ankündigt. Die Reaktionen und Kommentare unter der News haben mich dazu veranlasst Stellung dazu zu nehmen, da der Beruf und die Ausbildung doch überwiegend schlecht dargestellt wurde.
Da ich da wirklich etwas mehr Text geschrieben habe und auch denke, dass es vielleicht für angehende Fachinformatiker interessant sein dürfte, veröffentliche ich den Artikel nun auch hier.
Ich selbst hab im September 2005 die Ausbildung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung angefangen und sie dieses Jahr erfolgreich beendet. Mein Ausbildungsbetrieb ist die S&N AG in Paderborn, ein mittelständisches IT Unternehmen mit rund 100 Mitarbeiter, welches sich als Finanzdienstleiter für die großen Deutschen Banken und Leasingunternehmen versteht. Wir erstellen Software für zur Auswertung & Analyse von Bilanzen, DataWareHouse Lösungen und auch im Geldautomatenumfeld sind wir tätig.
Von Beginn der Ausbildung bis hin zum Ende waren wir Azubis und FH-Studenten immer in anspruchsvollen Projekten untergebracht und haben stets wirklich produktiv in Projektteams mitarbeiten dürfen. Man wurde zwar oft ins kalte Wasser geschmissen, aber programmieren lernt man am Besten in den Abteilungen und von den jeweiligen Mitarbeitern. Das da vielleicht die ein oder andere Überstunde mal anfällt bleibt sicher nicht aus und sollte eigentlich auch gerne gemacht werden. Die Projekte waren immer interessant und man konnte viel lernen, hatte Kundenkontakte und hatte auch Verantwortung zu tragen.
Die Ausbildung verläuft in Kooperation mit Siemens bzw. mit der Siemens Professional Education (SPE). Als Kooperationspartner hat man den unschlagbaren Vorteil, dass man auf die private Berufsschule von Siemens gehen darf und dort neben qualifizierten Lehrern und gut ausgestatten Klassenräumen auch wenig „Assis“ dabei hat. Das Lernniveau ist verglichen mit der öffentlichen Berufsschule hoch und man bekommt in der Schule ein gutes Basiswissen. Das Fachwissen erlangt man entweder durch die Praxis selbst oder durch die zusätzlichen Wochenkurse. Diese Wochenkurse (max. 34 Stück) finden im speziellen Ausbildungszentrum der SPE statt und vermitteln Fachwissen in den Bereichen Java, .NET, SQL, UML, Strukturiete Systementwicklung, Kommunikation & Rhetorik, Projektmanagement, BWL etc.), sodass man Ende noch einen „Fachberater“ Titel verdienen kann.
Mit dieser Ausbildung ist es nachher ein Leichtes irgendwo unterzukommen. Versprochen!
Wer dann noch ein Duales Studium gemacht hat und sich den Bachelor erarbeitet hat braucht sich in der Regel keine Gedanken machen. Das Duale Studium (an der FHDW) ist zwar hart, da sich viel nach der Arbeit und am Wochenende abspielt, aber ich kann es nur jedem raten und empfehlen so eine Chance wahrzunehmen. Ein Bachelor Titel macht viel aus im späteren Berufsleben, da kommen schnell 300-1500 Euro monatlich mehr raus.
Die Übernahmechancen sind i.d.R. auch sehr hoch, da die Kooperationspartner viel Geld (ca. 120.000 Euro) in die Ausbildung stecken und dann daran interessiert sind das bezahlte Wissen auch in der Firma zu behalten. Siemens übernimmt eh für mindestens ein Jahr und zahlt zudem nach Tarif, was momentan rund 2500 Euro + 13&14 Gehalt + Tarifausgleichsgeld entspricht. Auch bei anderen Arbeitgebern (meine Erfahrung) liegt das Einstiegsgehalt mindestens so hoch, wenn man so eine gute Ausbildung vorweisen kann.
Gute Leute werden immer gesucht! Setzt euch zuhause aufn Arsch, lernt programmieren, baut meinetwegen Browserspiele oder andere Sachen statt zu daddeln, lernt euch in Vorstellungsgesprächen zu verkaufen und strengt euch an.
Ich kann euch nur empfehlen einen Ausbildungsplatz bei einem Kooperationspartner von Siemens oder am Besten direkt bei Siemens zu bekommen. Seid auf das Assementcenter vorbereitet und auf die bekannten Fragen im Vorstellungsgespräch.
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Die Erfahrungen mit den öffentlichen Berufsschulen hab ich auch gemacht, die Stimmung und Ausstattung ist echt schlecht, das Niveau wirklich meist auf Hauptschulniveau.
So eine Ausbildung ist auch nicht immer schön, man muss auch mal „Werkstattfegen“, also einkaufen, Müll wegbringen, Tische schleppen, Kaffee kochen, Telefondienst machen, Briefe sortieren und manchmal wirklich nervige Arbeit erledigen, aber Lehrjahre sind keine Herrenjahre!
Ich würde auch davon abraten die Ausbildung in einem kleinen Betrieb < 20 Mann zu machen, da man doch etwas verloren geht. Man braucht einen Ausbilder der sich im Betrieb für einen einsetzt und den man auch mit Fachfragen löchern kann. Einen Ausbilder, der Fest für Azubis und Studenten zuständig ist findet man meist erst in Betrieben mit mehr als 50 Mitarbeitern. Dort ist dann auch die Vielfalt der Projekte größer. Idealerweise sucht ihr wirklich nen Kooperationspartner von Siemens.
Irgendwo hab ich hier noch was gelesen, dass es wohl ne Frechheit wäre, dass ehr wegen Berichtsheft schreiben in der Arbeitszeit angemault wurde. Zu Recht, sowas wird in der Freizeit gemacht. Projektdoku & Präsentationserstellung ist als Arbeitszeit zu verbuchen.
Was die IHK sonst angeht bin da auch geteilter Meinung drüber. Eine einheitliche Prüfung ist zwar schön und gut, aber dann bitte immer auf dem selben Niveau. Es gibt und gab bockschwere Prüfungen und beschissen formulierte Aufgaben und auf der anderen Seiten wirklich einfache Abschlussprüfungen. Das abgefragte Wissen ist meist nur oberflächlich, sodass man sich anstrengen muss, die Fragen nicht zu tief zu beantworten sondern lernen, sehr simpel zu denken. Die IHK Note spiegelt auch nicht den Wissensstand nach der Ausbildung wieder, da dafür die Prüfungen viel zu allgemein sind. Hat wirklich viel mit Glück zu tun, wie die Prüfung ist und welchen Prüfungsausschuss man bei der Facharbeiter und mündlichen Prüfung bekommt. Leider nicht zu ändern…
Wenn man viel Zeit in der Nähe des Ausbilders verbringt bekommt man auch mit, wer meint alles eine Ausbildung zum Fachinformatiker machen zu wollen. Siemens & Co. suchen für ihre Ausbildung natürlich die Rosinen, also die guten Leute.
Wer da Interesse dran hat, sollte Abitur mit nem Schnitt unter 2.7 haben, gut in Englisch und Deutsch sein. Mathe ist zwar auch wichtig, aber mit Mathe hat der Beruf eh nicht viel zu tun. Ihr müsst euch ausdrücken können und selbstbewusst sein. Wer meint mit einem schlechten Abi in so einen Ausbildung reinzurutschen, irrt.
Eine wohlklingende Emailadresse ist wichtig und auf saubere Profile bei XING, Studi/SchülerVZ und anderen Social Networks sollte man auch achten. Das ist kein Scherz, dass sich Arbeitgeber in den Netzwerken und auch bei Google über einen schlau machen.
—Wen das obige interessiert und meint das er dafür gut genug ist aber vorallem die schulischen Leistungen (Abitur ist Pflicht) erfüllt dem sei folgendes noch gesagt: Wir haben noch einen Ausbildungsplatz für September diesen Jahres offen.